Ich-Identität in der Psychoanalyse
und Persönlichkeitsideal bei Alfred Adler

KARL HEINZ WITTE


 
Identitätsnachweis

Problemansatz der Identitätsdiskussion

Ich-Identität bei Erik H. Erikson

Identifizierung bei Otto F. Kernberg

"Individualisierendes Vorgehen" bei Alfred Adler

Adlers Konzept der Ichbildung

Unbewußte Identität

Literatur

 

 

Zusammenfassung: Die sozialpsychologische Identitätsforschung beschreibt das Ich-Selbst als Objekt, als das ich mich selbst und als das mich die anderen sehen. Das ist im wesentlichen auch die Position Eriksons und Kernbergs. Deren objektivierender Problemansatz untersucht nicht die individuelle Dynamik der "Ichbildung" (Adler), sondern Zustandsbilder als Meßgrößen der normalen oder pathologischen Ichorganisation (Blanck, Kernberg). Adlers "streng individualisierendes Vorgehen" sucht das Ich als spontane, die Individualität und den Weltbezug stilisierende Kraft "künstlerisch" zu erfassen. Identität gehört in seinem Sinne in eine andere Dimension als die Ichorganisation der genetischen Strukturdiagnosen. Als Bedingung der Möglichkeit von Erfahrung überhaupt bleibt sie radikal unbewußt, ist sie nicht im Erleben materialiter nachzuweisen, sondern bildet eine unabdingbare fluktuierende, gelegentlich szenisch oder symbolisch verdichtete Matrix unseres Verstehens des Individuums.

Identitätsnachweis

Daß eine Person gefragt wird, wer sie sei, um ihre Identität festzustellen, d. h. ihren Namen, ihre Herkunft und ihre ruhmvolle oder evt. ruchbare Geschichte zu erfahren, scheint eine prekäre Sache zu sein. Nur wenigen Menschen in reglementierten Situationen (Liebenden, Boten, Polizisten, Richtern, Psychiatern) wird das Recht auf diese Frage zugestanden (Stempel 1979). Den Ordnungsbehörden und der modernen Technik haben wir es zu verdanken, daß der Identitätsnachweis heutzutage eine Selbstverständlichkeit geworden ist. (Die Bayerische Vereinsbank verlangt sogar meinen Ausweis und tippt meine Personalien in ihren Computer, wenn ich 500,- DM in ital. Lire wechsle.) "Der Paß ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustand wie ein Mensch" (Brecht 1967, 'Flüchtlingsgespräche' S.1383). Wie leicht konnte man früher dem Zugriff der Verfolger entgehen. Siegfried brauchte ja noch seine Tarnkappe, um in Brünhildes Bett unerkannt zu wirken, aber oft genügte es anscheinend schon, daß sich der Herr oder auch mal die Dame verkleidete oder daß die Lampe gelöscht wurde, damit die Liebesidentität verborgen blieb (O Zeus! Zu Amor siehe Neumann 1983; ferner Boccaccio; vgl. 'Verführer und Verführte' in Frenzel 1976) Daher das Sprichwort: "Im Dunkeln ist gut munkeln." Im Gegensatz dazu ist heute die Identität eine einleuchtende Sache eines "aufgeklärten" (N.B.: ein Wort aus der Polizeisprache) Zeitalters. Doch wieder einmal ist es anders bei Alfred Adler, wie wir im folgenden sehen werden: "Es gibt im Leben und in der Entwicklung des Menschen nichts, was mit solcher Heimlichkeit ins Werk gesetzt wird wie die Errichtung des Persönlichkeitsideals" (N.C. 82).

Problemansatz der Identitätsdiskussion

Was heute in den Sozialwissenschaften Identität heißt, wurde traditionell unter den Begriffen persona (Fuhrmann 1979) oder Charakter (Buck 1979) diskutiert. Damit sind zwei Zentralbegriffe tiefenpsychologischer Gründerväter, C. G. Jung und Alfred Adler, genannt. Ob deren Beiträge in der aktuellen Identitätsdiskussion noch etwas zu sagen haben? Ich will versuchen, Adlers Position in dieser "Problemwolke mit Nebelwirkung" (Marquard 1979, 347) zu bestimmen. "Identitätsdiskussionen werden - mit erhöhtem Kollisionsrisiko - zum Blindflug" (Marquard, ebd.).

Als Ursprung des psychologischen und soziologischen Identitätsbegriffs wird die Problemstellung von William James (1905) genannt (Henrich 1976, Frey/Haußer 1987). Dieser hatte, zurückgreifend auf die Reflexivitätsthematik des transzendentalen Idealismus' Kants, zwischen dem reinen Ich ("pure ego") und dem empirischen Ich ("me", "self") unterschieden. Das Hauptinteresse der sozialwissenschaftlichen Identitätsforschung liegt auf dem "me", dem "Selbst", als welches ich mich betrachte und als das ich gesehen werde (Frey 1987, 6). Nach G. H. Mead (1934) ist die Entwicklung eines Selbst, im heute üblichen Sprachgebrauch einer "Ich-Identität", daran gebunden, daß ich mich mit den Augen der anderen sehen lerne. Die neuzeitliche Subjekt-Objekt-Spaltung wird also innerlich konstitutionell als Ichspaltung reproduziert. Ich (Subjekt) bin, handle, empfinde... - Als wen, was, wie (Objekt) identifiziere ich mich, sehe ich mich, werde ich gesehen? Ich erfahre mich in dieser Sicht, genau genommen, als einen anderen meiner selbst (Hahn/Kapp 1987, 9). In kritischen Momenten der Selbstreflexion kann diese Erfahrung peinlich oder verrückt wirken: Das kann ich nicht gewesen sein; das war der Teufel in mir.

Ich-Identität bei Erik H. Erikson

Innerhalb der tiefenpsychologischen Schulen ist Eriksons Identitätskonzept wohl am einflußreichsten geworden, da er neben psychoanalytischen auch sozial- und entwicklungspsychologische Gesichtspunkte berücksichtigt. Doch auch er untersucht vorwiegend die Identität als den reflexiven bzw. den objekthaften Aspekt des Selbstes. Der gemeinschaftsbezogene Charakter der Ich-Identität kommt deutlich in Eriksons Formulierung (1977, 17) über deren Ursprung und Vorstadium zum Ausdruck: "Aus der Wahrnehmung, daß seine individuelle Weise, Erfahrungen zu verarbeiten (seine Ich-Synthese), eine erfolgreiche Variante einer Gruppenidentität ist und im Einklang mit der Raum-Zeit und dem Lebensplan der Gruppe steht, muß das heranwachsende Kind ein belebendes Realitätsgefühl ableiten können." Seine daraus folgende Definition bleibt jedoch vage, wenn er unter Ich-Identität versteht: die "Überzeugung, daß das Ich wesentliche Schritte in Richtung auf eine greifbare kollektive Zukunft zu machen lernt und sich zu einem definierten Ich innerhalb einer sozialen Realität entwickelt" (ebd.). Benedetti (1986, 69) attestiert Erikson hier "eine gewisse Schwäche des Denkens", die darin begründet sei,

daß er [Erikson, KHW] auf der einen Seite von der introspektiven Unmittelbarkeit der Erfahrungen und von der Anschaulichkeit der sozialen Erscheinungen ausgeht, dann aber auf der anderen Seite immer wieder im Sinne einer reduktiven Metapsychologie psychologische Konstrukte versucht, welche nicht verifizierbare Hypothesen bleiben, weil sie lediglich Denkmodelle sind, die aber [von Erikson, KHW] mit naturwissenschaftlich faßbaren Sachverhalten verwechselt werden",

weniger höflich ausgedrückt: daß Erikson die Freudsche Theorie - trotz der beabsichtigten Weiterführung - dogmatisch verwendet. Ich möchte darüber hinaus die Unklarheit des Identitätsbegriffs bei Erikson in dem unzureichend gefaßten Problemansatz begründet sehen. Er unterscheidet ebenso ungenau wie die allgemeine Identitätsdiskussion zwischen dem spontanen Ich als Aktzentrum und dem reflexiven sowie empirischen Ich. Nur dieses tanzt bei dem Kostümfest der Identitäten mit als weibliche, männliche, sexuelle, soziale, personale, vitale, epistemische, existentielle, kulturelle, nationale, ethnische, mehrdimensionale Identität (Henrich 1979, Marquard 1979, Schuster 1986, Saner 1986, Frey/Haußer 1987). Und die Psychoanalytiker "an der Front" wissen immer nicht genau, ob sich da jeweils das Ich mit seinen Trabanten, Es, Überich, Ichideal, Idealich, Realich, oder das Selbst mit seinen Repräsentanten versteckt hat. Für ihre Kassenanträge schlagen sie dann bei Kernberg und Kohut oder Klußmann nach.

Die Lehre Eriksons ist aber für die Standortbestimmung des Adlerschen Beitrags insofern wichtig, als er auf die dynamischen, integrativen Leistungen der Identitätsentwicklung Wert legt. Das Ich des Kindes hat die Aufgabe, die phasenspezifischen Identifikationen mit den Eltern auszubilden und wieder abzustoßen, bis in der Adoleszenz der Prozeß der Identitätsbildung abgeschlossen ist. "Die Ich-Identität entwickelt sich also aus einer gestuften Integration aller Identifikationen; aber auch hier hat das Ganze eine andere Qualität als die Summe seiner Teile" (Erikson 1977, 108).

Die Verwandtschaft mit dem Prozeß der Ichbildung nach Adler, aber auch die Verschiedenheit kommt in folgender Zusammenfassung Benedettis (1986, 71) gut zum Ausdruck:

"Die synthetische Funktion des Ichs ist ständig bemüht, die Fragmente der gesamten Kindheitsidentifikationen unter eine stets kleiner werdende Anzahl von Bildern und Gestalten zu subsumieren. Die allmähliche Integration aller Identifizierungen führt zur psychosozialen Identität."

Der erste Teil des Zitats könnte bei Adler etwa lauten: Das Kind versucht, die Fragmente aller Kindheitserfahrungen in einem einzigen Bild zu vereinigen. Der zweite Satz des Zitats enthält aber den entscheidenden Unterschied. Es müßte bei Adler heißen: Die vollzogene Integration aller Identifizierungen ist das Persönlichkeitsideal bzw. das fiktive Ziel der Überlegenheit. Aus dieser Gegenüberstellung ergibt sich die Frage: In welchem Verhältnis steht das "Persönlichkeitsideal" Adlers zur "psychosozialen Identität" Eriksons? Die gelungene Ausbildung der psychosozialen Identität könnte mit einer adäquaten Harmonie von Idealich und Realich bei mild forderndem Ichideal verstanden werden (vgl. Erikson 1977, 190; Kernberg 1981, 153; 1988, 144.153); dann stünde sie etwa einem realitätsgerechten und gemeinschaftsbezogenen "Persönlichkeitsideal" nahe. Doch diese Überlegung geht vom alltagssprachlichen Gebrauch des Wortes "Persönlichkeitsideal" aus, berücksichtigt aber zu wenig die terminologische Verwendung des Begriffs bei Adler.

Identifizierung bei Otto F. Kernberg

Kernbergs Darstellung der Ichentwicklung folgt weitgehend der Auffassung Eriksons.

"Innerhalb dieser Theorie ist die Internalisierung der weiteste Begriff, der die untergeordneten Begriffe der Introjektion, der Identifizierung und der Ichidentität umfaßt. [...] Introjektionen kann man als primitive oder unreife Formen der Identifizierung auffassen, während man die Ichidentität als die übergeordnete Integration von Identifizierungen in eine dynamische, einheitliche Struktur ansehen kann. Im weitesten Sinne des Terminus bedeutet die Identifizierung eine Modellierung des Selbst nach einem Objekt" (Kernberg 1981, 78f.; vgl. 28f. 77f. 125; vgl. Erikson 1977, 139f.).

Internalisierung, Introjektion, Identifizierung, Integration, Modellierung sind die tragenden Begriffe dieses Zitats. Sie zeigen eine Tätigkeit, einen Prozeß, eine Bewegung an. Doch wie sind die Prozeßstufen der Internalisierung im einzelnen definiert? Ich stelle, leicht formalisiert, die Definitionsangaben Kernbergs aus dem Kapitel zusammen, das überschrieben ist: "Introjektion, Identifizierung und Ichidentität" (1981, 24-31), allerdings jeweils beschränkt auf den Hauptabschnitt der Definitionen. So zeigt sich, worin die berüchtigte Abstraktheit seiner Ausführungen besteht:

Der Autor führt zur genaueren Charakterisierung der Prozesse in der Mehrzahl nicht Verläufe, Geschehnisse, Aktionen an, sondern Zustände der Ichorganisation, begleitende Umstände der Interaktionen, Bestandteile des strukurierten Selbstes.


Übersicht: Definitionen von "Introjektion, Identifizierung und Ichidentität", (S.24-31)

Thema: Introjektion
            Sie
1.         ist die tiefste Ebene der Organisation der
            Internalisierungsprozesse           A.
2.         ist Reproduktion und Fixierung einer Interaktion            A.
3.         setzt voraus oder impliziert ein Bündel von
            Gedächtnisspuren        
4.         setzt voraus oder impliziert ein Objektbild         
5.         setzt voraus oder impliziert ein Selbstbild in
            Interaktion       
6.         setzt voraus oder impliziert affektive Färbung    
7.         setzt voraus oder impliziert Einfluß der Trieb
            repräsentanz    
8.         ist ein Wachtumsprozeß des psychischen Apparates      A.
9.         wird vom Ich benützt zu Abwehrzwecken          A.
10.       ist abhängig von Wahrnehmung und Gedächtnis
11.       ist abhängig von Apparaten der Autonomie       
12.       verbindet äußere Wahrnehmung mit Affektwahrnehmung           A.

Thema: Identifizierung
            Sie
1.         ist eine Form der Introjektion    A.
2.         setzt voraus oder impliziert, daß Rollenaspekte
            der Interaktion erkannt werden
3.         setzt voraus oder impliziert, daß die Rolle soziale
            Anerkennung findet, Beispiel: Mutterrolle          
4.         setzt voraus oder impliziert eine weiter
            entwickelte affektive Konponente         
5.         setzt voraus oder impliziert Mäßigung der Affekte
            durch Ichapparate         A.
6.         setzt voraus oder impliziert eine Abnahme der
            Spaltung

Thema: Ichidentität       
            Sie

1.

ist die höchste Ebene der Organisierungsprozesse

A.

2.

strukturiert Identifizierungen und Introjektionen

A.

3.

ist gesteuert von der sythetischen Funktion

 

 

des Ichs

A.

4.

setzt voraus oder impliziert stabile Ichstrukturen

5.

setzt voraus oder impliziert Kontinuität des Selbst

6,

setzt voraus oder impliziert Funktionieren im Leben

A.

 

 

7.

setzt voraus oder impliziert Anpassung an Aufgaben

A.

8.

setzt voraus oder impliziert ein Konzept der Welt

 

 

der Objekte

9.

setzt voraus oder impliziert Organisation der

 

 

 

Objektbild-Komponenten

A.

10.

setzt voraus oder impliziert Konsistenz der

 

 

Interaktionen

11.

setzt voraus oder impliziert Konsistenz der

 

 

 

Verhaltensmuster

12.

setzt voraus oder impliziert Anerkennung durch

 

 

 

die Umwelt

13.

setzt voraus oder impliziert Wahrnehung der

 

 

 

Anerkennung

A.

 

 

 

 

Der Prozeß der Bildung der Ichstruktur wird in der Hauptsache durch die Abfolge statischer Angaben charakterisiert. Das weckt die Vorstellung, das Selbst des Kindes sei ein gegenständliches, gegliedertes Etwas, wie ein Gesicht mit Augen, Mund und Nase, und nicht, wie Adler es betrachtete, selbst ein Prozeß, eine Bezogenheit, "geronnene Bewegung" (Adler Psych. I, 254). Auch die eher dynamischen Aspekte der Internalisierungsprozesse werden bei Kernberg der Bewegung beraubt. Er tendiert dazu, die Angaben über Aktionen, Geschehnisse, Bewegungen zu formalisieren und zu nominalisieren. Um die angedeuteten Aktionen zu erkennen, muß man die Aussagen erst sprachlich umformen. (In der Übersicht sind diese Aussagen mit einem "A." gekennzeichnet.) Welche "aktiven Verben" verstecken sich hinter den Abstraktionen? Introjektion: organisieren, internalisieren, reproduzieren, fixieren, wachsen, verbinden. Identifizierung: introjizieren, mäßigen. Ichidentität: organisieren, strukturieren, synthetisieren, funktionieren, anpassen, organisieren, wahrnehmen. Diese Verben zeigen ebenfalls vorwiegend Zustände an oder bezeichnen Zustandsänderungen, sind also dem dynamischen Gehalt nach leer, d. h., sie enthalten weder Ereignisse noch Tätigkeiten.

Was an der Konzeption Kernbergs sich Adlers Gedanken annähert, ist, daß er wirklich die Konstitution des Ichs selbst, und nicht seine Zuschreibung in den Augen eines tatsächlichen oder gedachten (gesellschaftlichen) Anderen untersucht. Allerdings erscheint das Selbst, von dem er spricht, immer noch als das vorgestellte objekthafte Ganze ("me"), das Gesamt der Selbstrepräsentanzen.

Wenn, von der individualpsychologischen Sichtweise her, bemängelt wird, daß die Dynamik des Ichbildungsprozesses nicht dargestellt wird, spricht sich darin eine grundsätzlich andere erkenntnistheoretische Perspektive aus. Es ist zu fragen: Wie kann man die individuelle Eigenart des "Probanden" erfassen, und zwar hier nicht in seinen Verhaltensweisen, Charakterzügen, Einstellungen, Eigenschaften, sondern in dem, was sein "Ich-selbst", seine Identität ausmacht?

Um diese Frage zu beantworten, ist es im Sinne Kernbergs erfolgversprechend, Zustandsbilder zu entwerfen, d. h. Struktur, Zuordnung und Zusammenspiel der im Feld beteiligten Komponenten zu normieren. Die Komponenten (z. B. Objektbild, Selbstbild, Maß und Charakter der Affektivität) sind die einander ergänzenden, untrennbaren Parameter zur Messung des Differenzierungs- und Reifegrades der Ichentwicklung. Die im Entwicklungsverlauf sich vom niederen zum vollendeten Strukturniveau wandelnden Zustandsbilder sind dann genormte Sollwerte (Maßeinheiten), an denen sich der Entwicklungsfortschritt und die mit dem jeweiligen Stand verbundene Charakterpathologie ablesen lassen.

Wie man im Mittelalter angeblich die Kinder als "kleine Erwachsene" betrachtete, denen es vor allem an Vollendung (Schulung) des Erkennens (differenziertes Konzept der "Welt der Objekte") und des Willens (Mäßigung und Reifung der Affekte) fehlte, so betrachtet diese finstere psychoanalytische Entwicklungspsychologie die Kinder als kleine Psychotiker oder Psychopathen, die sich zu reifen Neurotikern und normalen Narzißten (Kernberg 1988, 137-152) heranbilden müssen.

Um es nochmals kurz und unpolemisch zu sagen: der Einzelne ist in dieser Sichtweise der Fall einer Regel, in seiner Entwicklung hat er einen spezifischen, mehr oder weniger defizienten Stand auf der Meßskala der Normalität. Wissenschaft vom Menschen kann sich ein solcher Psychoanalytiker offenbar nicht anders vorstellen, weil er grundsätzlich nur (auch ohne Zahlen) berechnende Wissenschaft gelten läßt.

"Individualisierendes Vorgehen" bei Alfred Adler

Von diesem Standpunkt aus ist es ein weiter Weg zu Alfred Adler. Er sieht in der Identifizierung einen Ausdruck des Gemeinschaftsgefühls und rückt sie in die Nähe der Einfühlung, mit Hinweis auf Th. Lipps (Psych. I, 224) Dieser hatte die Einfühlung sowie das gesamte Fremdverstehen in der Motorik zu verankern versucht, als Impuls, eine wahrgenommene oder vorgestellte Bewegung mitzuvollziehen. Das mußte Adlers dynamischer Sicht besonders willkommen sein. Aus Freuds Konzept der Identifizierung hebt er nur die Tendenz zur Übernahme der Rolle (des Vaters) hervor, worin er ein Machtstreben des Kindes vermutet (ebd. 228). Diese Form der Identifizierung hat im 'Nervösen Charakter' auch für Adler eine wesentliche Aufgabe bei der Ichbildung, auch wenn er den Begriff Identifizierung dort nicht benutzt. Ich werde darauf noch zu sprechen kommen. Zunächst soll es um die für Adler spezifische Weise gehen, Identität überhaupt zu erfassen.

Die Individualpsychologie "erfordert ein streng individualisierendes Vorgehen und ist deshalb Verallgemeinerungen nicht geneigt" (Prax. 23). "Wer nur das Allgemeine der individualpsychologischen Wissenschaft kennt, aber, wie es mir als die Regel bei meinen voreiligen Kritikern zu sein scheint, das Kunstwerk der Praxis, die Arbeit am Einmaligen nicht einmal ahnt, kommt niemals von dem Wahn los, als könnte er da mitreden" (Psych. II, 117). Selbst ihre wesentlichen Erklärungsprinzipien, z. B. der Mangel als Ausgangslage, die überfordernde Situation als Auslöser, die Belastung in der Kindheit, die zögernde Attitüde, der Minderwertigkeitskomplex, das Überlegenheitsziel verhelfen nur zu einer "allgemeinen Diagnose" (ebd. 118-120).

"Das Kunstwerk der Praxis, die Arbeit am Einmaligen." Es ist keineswegs metaphorisch, daß Adler die Erforschung des Einmaligen, die Praxis der Individualpsychologie als Kunstwerk bezeichnet (vgl. z. B. Prax. 20. 36. 79. 119, bes. im Dostojewski-Aufsatz, Prax. 281. 288. 290; Psych. I, 136. 174 [Symptom als Kunstwerk]).

Hierin kommt zum Ausdruck, daß Adler für die individualpsychologische Psychotherapie Erkenntnisprinzipien geltend macht, die auch für die Ästhetik wesentlich sind, ja sogar der ästhetischen Urteilskraft entsprechen. Das hängt mit der strengen Fassung des individuellen Gesichtspunktes bei Adler zusammen. "Auch Kunstwerke sind Einzelne" (Henrich 1979, 182). "Identitätstheoreme scheinen ästhetikaffin zu sein; immerhin war schon das erste System, das das Wort 'Identität' in seinem Programmtitel führte, eine fundamental ästhetische Philosophie: das war Schellings 'Identitätssystem'" (Marquard 1979, 366; zur Interpretation eines psychologisch-mythologischen Beitrags Schellings siehe Böning 1982).

Die Individualpsychologie kann den einzelnen Menschen nur als Ganzheit, als Gestalt in Bewegung erfassen. Das ist der Sinn des Grundsatzes, den Adler immer wieder anführt: "daß wir in der Individualität eines Menschen seine Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft und sein Ziel wie in einem Brennpunkt sehen" (Prax. 74). Das Charakteristische dieser Sichtweise ist die Gestaltwahrnehmung. Hierzu wären die grundlegenden Ausführungen von C. F. von Weizsäcker über 'Die Einheit von Wahrnehmen und Bewegen' (1978, 206-224) zu studieren (vgl. auch Lorenz 1983, 128-141). Meine individuelle Identität zeitigt sich in der Lebensgestalt und kann darum besser durch meine Biographie als durch meine unveränderlichen Kennzeichen oder meine soziale Rolle erfaßt werden (Lübbe 1979). Ich bin die Geschichte, die ich von mir erzähle (Hillman 1986).

Während die objektivierende, erklärende Wissenschaft unter Regeln subsumiert, aufgrund von Normwerten diagnostiziert und nach technischen Regeln handelt, soll der individualpsychologische Therapeut "jede Regel ablehnen", wenngleich er natürlich "von allgemeinen Ansichten beeinflußt" ist (Adler, Psych. II, 121). Die Zugangsweise der Individualpsychologie ist ganzheitlich, nicht summativ oder synthetisierend (Psych. III, 21). Jedes mitmenschliche Verstehen vollzieht sich als Gestaltwahrnehmung; darauf pocht Alfred Adler (Prax. 20). Die Wahrnehmung selbst sei ein schöpferischer Akt (Prax. 68), ebenso das Gedächtnis (Prax. 76f.).

Für die abendländische Metaphysik ist das Wahre und damit auch das wissenschaftlich "objektiv" Erfaßbare immer etwas Allgemeines. Das Identische ist das Gleiche, in dem zwei Dinge miteinander übereinstimmen (Heimsoeth  1958, 172-203; Marquard  1979, 353). Daneben gibt es die eigentlich leere, bloß numerische Identität der Einzelheit  (Henrich  1979), das heißt, daß etwas zahlenmäßig eines und insofern mit sich identisch ist. Die ontologische Identität besagt hingegen, daß dieses Etwas gleichzeitig Eines und Dieses ist, daß es also ist und daß es so oder so ist. Auf die Frage, was dieses Etwas denn sei, antwortet die klassische Metaphysik: Dies ist ein Stein, ein Pferd, ein Mensch oder ein Engel. Die Identität ist erfaßt im Menschsein, an welchem dieser und jener teilhat. Daß dieser Mensch aber der Sokrates oder die Sappho ist, das ist für den ontologisch denkenden Metaphysiker der ganzen abendländischen Geschichte bis hin zu Nikolaus von Kues und Leibniz eher zufällig (Heimsoeth 1958, 172-203; Riedel 1989, 68-78). Die individuelle Identität wird als ein Fall des Allgemeinen gedacht und im wesentlichen durch die Abweichungen von der Norm bestimmt.

Was soeben als Grundüberzeugung der antiken und mittelalterlichen Metaphysik skizziert wurde, ist an die neuzeitliche, angeblich nicht metaphysische Wissenschaft unter dem Prinzip der Objektivität weitervererbt worden, während nun gerade in den "unwissenschaftlichen" Philosophien (Leibniz, Kierkegaard, Nietzsche, Dilthey, Heidegger) das Individuelle, Einmalige bedacht wurde.

Das objektivierende Vorgehen der Psychoanalyse läßt sich exemplarisch bei Kernbergs Analyse des Identitätsbegriffs erkennen. Das Identische wird in der psychoanalytischen wie der sozialpsychologischen Forschung immer noch als Allgemeines gesucht, wie im Mittelalter. Die Einheit der Diagnostik ist nicht das Individuum, sondern die spezielle Neurose oder die entwicklungspsychologisch bestimmte Persönlichkeitsstruktur, die Rolle, im allgemeinsprachlichen Verständnis auch der "Lebensstil", womit gemeint ist, welche Auto- oder Zigarettenmarke einer wählt, welche Musik, Bücher und Fernsehprogramme einer bevorzugt und in welchen Geschäften er seine Kleidung einkauft (Schulze 1987). Ebenso geht die allgemeine Psychologie vor, ebenso die Entwicklungspsychologie. Die gleiche Sichtweise des Einzelnen hat die Medizin. Diese alle wollen gerade, wie es der wissenschaftliche Brauch ist, das erfassen, worin sich Menschen unter gleichen Bedingungen gleich sind, so daß man die Individuen unter Klassifizierungen, Gesetzmäßigkeiten und (Therapie-)Techniken einordnen kann. Das ist zweifellos möglich, wie die Psychologie und in letzter Zeit besonders erfolgreich die psychologische Soziobiologie (Bischof 1985) zeigen. Auch die Psychoanalyse hat mit den neuen Diagnoseschemata eminente Fortschritte in Richtung Objektivierung gemacht. Ein Zeichen dafür ist, daß die modernen psychoanalytischen Diagnosen auch in die Klassifikationen des DSM-III-R (1989) passen (301.81 Narzißtische Persönlichkeitstörung, 301.83 Borderline-Persönlichkeitstörung), während Neurosen nur als Zusatzbezeichnungen in Klammern genannt werden.

Objektiv ist das Verhalten eines Gegenstandes dann erfaßt, wenn jeder andere Untersucher unter gleichen Bedingungen die gleichen Beobachtungen an dem Gegenstand machen könnte. Die Gegenstände der Forschung verhalten sich in der Tat unter gleichen Bedingungen gleich. Aber das Individuum ist (nach Adler) gerade dadurch ausgezeichnet, daß jedes unter gleichen Bedingungen prinzipiell verschieden Stellung nimmt, auch wenn das äußere Verhalten gleich erscheint (Psych. III, 33. 72. 88). Diese Tatsache ist es, die der typisierenden Persönlichkeitstheorie, der funktionalistischen Entwicklungspsychlogie und der psychoanalytischen Strukturdiagnose widerspricht. Problematisch ist bei dieser Forschungsrichtung, daß mit zunehmender Bewährung des Theorieansatzes die nicht integrierbaren Gesichtspunkte nach und nach aus der psychoanalytischen Theorie elimiert werden, z. B. die Individualität des Bewegungsgesetzes, derzufolge kein Symptom bei einem Menschen dasselbe bedeutet wie beim anderen (Adler, Psych. II, 174). Die Untersuchung des Einzelnen über lange Strecken, in differenzierter individueller Analyse, wie sie anfangs Freud, Adler und Jung gepflegt haben, würde dann immer seltener. Die Forschung wäre keine Erkundung unbekannter Kontinente der Psyche, sondern sie würde sich immer mehr der Bestätigung, Differenzierung oder Widerlegung von Hypothesen zuwenden, die sich aus der allgemein für gültig gehaltenen Theorie ableiten.

Adlers Konzept der Ichbildung

Wenn wir Adlers Konzept der "Identität" untersuchen wollen, müssen wir die dem Begriff verwandten Vorstellungen analysieren. Das Wort selbst fehlt in seinem Vokabular. Andererseits ist ein großer Teil der begrifflichen Arbeit, besonders in den Schriften zwischen 1912 ('Über den nervösen Charakter') und 1920 ('Praxis und Theorie der Individualpsychologie'), dem Problem des Ichs gewidmet. In den vorausgehenden Aufsätzen ist noch keine zusammenhängende Ausführung über die Ichbildung zu finden. Im 'Nervösen Charakter' steht diese Erörterung erst an relativ später Stelle, im dritten Kapitel, nachdem die Entstehung des kindlichen Minderwertigkeitsgefühls und die Versuche der neurotischen Kompensation besprochen sind. In dieser Position kommt schon zum Ausdruck, daß die Lehre vom Ich die zentrale vermittelnde, ausgleichende Funktion hat. Auch in einigen Aufsätzen bemerkt Adler explizit, daß er erst "nach langen Überlegungen und Forschungen" (Psych. III, 61), "mit der größten Skepsis" bewaffnet, "nur zögernd den entscheidenden Schritt" tat (Psych. III, 33), die zielgerichtete Einheit der Persönlichkeit als Grundlage der Psychologie des einzelnen Menschen anzuerkennen.

Die Ausführungen, in denen Adler den Ichbegriff einführt, umfassen im 'Nervösen Charakter' fünf Abschnitte (N.C. 66-69). Darin sind die Gedanken zusammengefaßt, die über die weitere Entwicklung der Theorie hin in den folgenden Jahren wesentlich bleiben und nur wenig modifiziert oder differenziert werden. Hierin liegt neben der Konstanz auch eine Schwäche der Adlerschen Lehre. Es konnte ihm nicht gelingen, die Bedeutung seiner Entdeckungen der psychotherapeutischen Zunft so darzustellen, daß er gegen die verständlichen Einwürfe seiner Kritiker einigermaßen hätte bestehen können. In seiner polemischen Art hat er diese Unfähigkeit seiner Kritiker "intra et extra muros" als persönliche, durch deren Lebensstil bedingte Blindheit gesehen. Es ist auch für mich nicht von der Hand zu weisen, daß sich gegen die Rezeption der Ideen Adlers heftige (narzißtische) Widerstände richten. Adler selbst hatte offenbar nicht die Möglichkeit, in sachlicher Arbeit seine Theorie weiter zu entfalten, und seine Schüler fanden stets ihre eigenen, jeweils den Moden und den Erfahrungsbereichen angepaßten Erweiterungen wichtiger als die von Adler angeregte, aber nicht weitergebrachte Grundlagenforschung. Johannes Neumann (1954, 271), dem am Selbst viel gelegen war, berichtet: "Als ich 1927 Adler auf das Ich-Problem aufmerksam machte, nahm er das nicht auf." Mir scheint aber, daß der Versuch Adlers, das Ichproblem neu (vgl. Adler Psych. II, 243. 248f.) zu formulieren, noch immer nicht Adlers Anspruch gemäß aufgegriffen worden ist.

Einige Züge des Adlerschen Identitätskonzepts sollen hier kurz kommentiert werden:

Das Ich formt sich selbst, "selbstschöpferisch" (Psych. II, 249). Die dabei mitwirkenden Bedingungen und Ursachen, organische Konstitution, somatische Prävalenzen, Behinderungen und Traumatisierungen, aber auch die prägenden sozialen und psychischen Einflüsse, die Beziehungsmodi der Eltern, die Familienatmosphäre, Bindungs- und Trennungserfahrungen, gehen in die Ichbildung ein, werden der Ich-Imago als Baumaterial eingeformt. Dieser Gedanke Adlers erscheint mir als besonders wichtig für den Vergleich der Individualpsychologie mit den psychoanalytischen Ich- bzw. Selbstpsychologien.

Die Ausbildung des Ichs setzt die Reifung und Entwicklung von organischen, psychischen und sozialen Funktionen voraus: "Gegen Ende der Säuglingszeit, wo das Kind selbständige, zielsichere Handlungen vollbringt, die nicht bloß auf Triebbefriedigung gerichtet sind, wo es seinen Platz in der Familie einnimmt und sich in seiner Umgebung einrichtet, besitzt es bereits Fertigkeiten, psychische Gesten und Bereitschaften. Zudem ist sein Handeln ein einheitliches geworden, und man sieht es auf dem Wege, sich einen Platz in der Welt zu erobern. Ein derartig einheitliches Handeln kann nur verstanden werden, wenn man annimmt, daß das Kind einen einheitlichen fixen Punkt außerhalb seiner selbst gefunden hat, dem es mit seinen seelischen Wachstumsenergien nachstrebt. Aus diesem Leitbild tritt anfangs insbesondere das Zärtlichkeitsbedürfnis als Teil des angeborenen Gemeinschaftsstrebens hervor, das ursprünglich die 'Bildsamkeit' (Paulsen) des Kindes fördert. Bald gesellen sich zu dieser Einstellung Bestrebungen, das Wohlgefallen, die Hilfe und die Liebe der Eltern zu finden, der Selbständigkeit, des Trotzes und der Auflehnung" (N.C. 66f.).

An dieser These Adlers müßten wesentliche Fragen und Untersuchungen ansetzen. Was ist das Material und die Vorgeschichte der Ichbildung? Es ist zu bedenken, daß Adler 1912 die heute universellen Konzepte der Ichorganisation und die dazu gehörige Sprachregelung noch nicht kennen konnte, weil sie von der Psychoanalyse noch nicht "eingeführt" waren (siehe S. Freud, Zur Einführung des Narzißmus, 1914). Aber Adler hat die Vorstufen der Ichbildung entdeckt. Entscheidend für die Position Adlers ist, daß er stets von der Formung und Verarbeitung des vorgegebenen psychischen Materials durch die Ichbildung spricht. Dem Ich vorgeordnet sind z. B. Merkfähigkeit, Kraft, Aufmerksamkeit, Wollen, Affekte, Fühlen, Handeln, Traumata (Prax. 23f.); Charakter, Temperament (Prax. 74); Liebe, Haß (Prax. 75). Diese Aufzählungen sind bei Adler immer pauschal. Nie läßt er sich auf eine differenzierte Definition oder gar Entwicklungsdiagnose der Funktionen ein. Seelische und körperliche Heredität wie Umwelteinflüsse - in dieser Alternative bewegte sich die Diskussion seinerzeit noch in der Hauptsache -, wir müßten heute ergänzen: auch die strukturellen und funktionalen Entwicklungstufen (Piaget) können "gleich einer Summe von Bausteinen erfaßt werden, aus der bei aller Verschiedenheit derselben jede[r] in der Kindheit seinen Lebensstil aufbaut. Ähnlichkeiten, statistische Wahrscheinlichkeiten sind häufig festzustellen, Gleichheit nie" (Psych. III, 88).

Aus dieser Grundposition Adlers leite ich eine heuristische These ab, die sich in den psychodynamischen, genetischen und strukturellen Interpretationen der klinischen Phänomene bewähren könnte:

Adlers Konzept der Ichentwicklung setzt das Ich von vornherein in eine höhere Integrationsstufe, als es die vergleichbaren Entwicklungstheorien tun. (Dieselbe Stufung ist schon im Aufsatz über den Aggressionstrieb [Adler 1908] postuliert, wo der "Aggressionstrieb" selbst kein physiologischer Trieb ist, sondern ein die "Organtriebe" regelndes, modifizierendes und einigendes Metasystem.) Die in der psychoanalytischen Entwicklungstheorie beschriebenen Stadien der Ich-Organisation (Blanck 1980, Kernberg 1981, 1988, Mentzos 1980) sind Vorstufen, Baumaterial für das, was Adler unter dem Ich versteht, welches dem Individuum, seiner Selbsterfahrung sowie seiner Beziehung zur Um- und Mitwelt den einmaligen, einheitlichen Stil aufprägt.

Ich interpretiere: Die "autonomen Ichfunktionen", Wahrnehmung, Gedächtnis, Affektdifferenzierung, aber auch die frühen Objektbeziehungssmodi, Introjektionen und Identifikationen, kurz: die in der genetischen Strukturdiagnose (Blanck 1980, 76-97, Mentzos 1980) ermittelten Organisationsgrade des Ichs sind nicht der Prozeß der von Adler in den Blick genommenen Ichbildung selbst, sondern das Material der Ichbildung, die "sekundären Leitlinien", die im "Persönlichkeitsideal" als dem Einheit stiftenden "geistigen Band" konvergieren (vgl. N.C. 78).

Im "Zärtlichkeitsbedürfnis als ein[em] Teil des angeborenen Gemeinschaftsstrebens" erkenne ich das Äquivalent der symbiotischen Phase. In sehr abgekürzter Form sehe ich in den "Bestrebungen, das Wohlgefallen, die Hilfe und die Liebe der Eltern zu finden, [in den] Regungen der Selbständigkeit, des Trotzes und der Auflehnung" Elemente des Narzißmus sowie Rückversicherungswünsche der Übungsphase der Wiederannäherungskrise (Mahler 1978) angedeutet. Es kann aber nicht darum gehen, die Phasen der psychischen Entwicklung bei Adler wiederzufinden. Es geht um das Verständnis der psychischen Identität, der Ichbildung, die den Entwicklungsprozeß und dessen Stadien in sich zusammenschließt.

Diese Formulierung könnte nahelegen, daß die eigentliche Ichbildung eine Leistung der "ödipalen" Phase wäre. Das ist nicht falsch, aber wiederum nicht scharf genug gesehen. Denn wie die genannten Regungen der "prägenitalen Phasen" Bestandteile der Ichbildung sind, nicht aber die Ichbildung selbst, so sind auch die Elemente der "ödipalen" Identifikationen nur das Baumaterial zur Ich-Identität in Adlers Sinne. Wo Erikson, Kernberg, Blanck u.a. von Integration oder Organisation sprechen, da ist auch das Ich Adlers angesiedelt. Adler hat aber eine eigentümliche Auffassung vom Wesen dieser Integration.

Diese ist nämlich nicht eine in derselben Dimension hinzutretende Zusammenfügung, Ordnung, Gliederung oder Vernetzung (was ja wohl Übersetzungen für Organisation, Integration, Struktur sein dürften), sondern die Hinordnung des Ganzen auf einen außerhalb des "Apparates" liegenden Bezugspunkt.

Was ist von Adlers oben zitiertem kryptischen Satz zu halten, der seine Lehre vom Ich kennzeichnet und den man für einen der Grund-Sätze der Individualpsychologie halten darf: "Ein derartig einheitliches Handeln kann nur verstanden werden, wenn man annimmmt, daß das Kind einen einheitlichen fixen Punkt außerhalb seiner selbst gefunden hat, dem es mit seinen seelischen Wachstumsenergien nachstrebt."

Das heißt mit anderen Worten: Der außerhalb des Systems liegende Konvergenzpunkt des Ichs ist ein Postulat ("kann nur verstanden werden, wenn"), d. h. eine Annahme zwar, aber doch eine Denknotwendigkeit, die als Voraussetzung des Verstehens unverzichtbar ist. Dieses Postulat, der "fixe Punkt außerhalb", erklärt die Möglichkeit des einheitlichen Handelns. Andernorts und wiederholt beruft sich Adler direkt auf Kant: Das einheitliche, zielgerichtete Ich sei die Bedingung der Möglichkeit eines einheitlichen Seelenlebens, also der Selbsterfahrung des Ichs überhaupt. Aber: "Wir sind nun einen Schritt weitergegangen und haben die Entstehung dieser Einheit der Persönlichkeit ans Licht gebracht" (Psych. I, 136). Darin liegt eine spezifische, phänomenologische Weiterführung der transzendentalen Apperzeption Kants (vgl N.C. 68, Psych. I, 136; Psych. III, 33; dazu Witte 1985).

In verschiedenen Formulierungen wird von diesem außerhalb des Systems liegenden Bezugspunkt des Strebens in allen theoretischen Entfaltungen der Individualpsychologie gesprochen. Er heißt einmal Du-Punkt (Psych. I, 137). Er ist der absolute Richtpunkt im Bezugssystem Erde-Mensch (Psych. I, 82). Er ist die unendliche Aufgabe, welche der Menschheit gestellt ist, wenn sie überleben will (Psych. II, 192). Er ist das letzte Ziel der Überwindung (Psych. II, 205). Er ist das ferne Ziel der Entwicklung einer idealen Gemeinschaft sub specie aeternitatis (SdL 166f).

In diesen Formulierungen kommt zutage, daß das Ich ebenso wie die Menschheit durch einen postulierten Fluchtpunkt gehalten ist, eine immanente Transzendenz (vgl. Adler Psych. III, 26), in der beide Ziellinien konvergieren.

Man könnte nun fragen, welche Bedeutung hat die Annahme eines solchen Bezugspunktes? Ist das nur philosophische Spekulation, die - je nach Standpunkt - als grundsätzlich wichtig oder als verstaubt und als irrelevant abgetan werden kann? Hat die alltägliche psychotherapeutische Erfahrung einen Zugang dazu? Sind eine ideale Gemeinschaft, ein unendliches Ziel der Wahrheitssuche nicht ein lebenspraktisch und politisch irrelevantes utopisches Phantom? Diese Zweifelsfragen müßten bejaht werden, wenn die unendlichen Zielsetzungen nur in den Köpfen der Philosophen, der weisen und unweisen Lenker und Bedenker des Erdenlaufs bestünden. Adlers These aber ist, daß dieser außerhalb des System liegende "fixe Punkt" in sehr konkreter Verwirklichung die Ichbildung jedes einzelnen formt.

In welcher Weise bewirkt der "Punkt außerhalb" die individuelle Ichfindung? Er bildet sich in Form einer Identifikation ab.

"Die bildliche, analogische Art unseres Denkens bringt es mit sich, daß dieses zukünftige veränderte Bild der eigenen Person in der Gestalt des Vaters, der Mutter, eines älteren Geschwisters, des Lehrers, einer Berufsperson, eines Helden, einer Tiergestalt, eines Gottes gedacht wird. Allen diesen leitenden Gestalten ist der Zug der Größe, der Macht, des Wissens und Könnens gemeinsam, und so stellen sie samt und sonders Symbole dar für fiktive Abstraktionen. Und so wie der aus Lehm geschaffene Götze erhalten sie durch menschliche Phantasie Kraft und Leben und wirken zurück auf die Psyche, aus der sie geboren wurden" (N.C. 67).

Aus dieser Stellungnahme geht nochmals hervor, daß die von Adler angesprochene Ich-Identität nicht mit der Rollenübernahme bzw. der Imitation und Gleichsetzung mit bestimmten Figuren zusammenfällt, auch nicht mit dem "Typ", demjenigen (gesellschaftlich definierten) "Stil" (Schulze 1987), der meine psychosoziale Identität ausmacht. Diese Leit- und Vorbilder, Lebensstile und Images sind vielmehr Symbole oder Analogata des verborgenen Persönlichkeitsideals. Dessen Züge können in einem Erinnerungsbild, in einer (bewußten oder unbewußten) kindlichen Phantasie enthalten sein (N.C. 79), es kann sich darin der "Rest eines kindlichen Erlebnisses", einer charakteristischen "Reaktionsweise" wiederfinden. Aber dieses Signum, mit Lorenzer (1970) gesprochen, diese Szene ist "nie als Inhalt bedeutsam, sondern bloß als abstraktes Schema". In diesem Erinnerungsrest bildet sich "ein Schicksal des Willens zur Macht" ab (ebd.), d. h., das reale Trauma, wie jedes andere Erlebnis, wird immer zusammen mit einer Bedeutung erinnert, die aufwärts oder abwärts deutet. Auf die Bedeutung des Ereignisses für die Selbsteinschätzung kommt es an. Manche Traumata werden nicht erinnert, andere unter dem Tenor einer siegreichen Überwindung, wieder andere unter dem Vorzeichen einer hilfreichen Führung von oben, als Beweis einer unwiderruflichen Prädestination, als schreiendes Unrecht, als Ankündigung und Warnung vor einer unausweichlichen Katastrophe, als quälendes, ohnmächtiges Ausgeliefertsein, als bedrückender, paradoxer Verrücktmacher usw. Dieser Hinweis auf den Vorrang der Bedeutung eines Ereignisses vor dessen sog. "Realität" verleugnet nicht das "reale, originäre" Leiden, es könnte im Gegenteil darauf hinweisen, daß die "winners" lediglich zynischere Umdeuter sind als die "loosers". Gleichwohl liegt im Phänomen der Fehldeutung eine unendliche Leidquelle, aber auch eine unerschöpfte Chance für die Therapie des neurotischen Leidens.

"Um mich recht verständlich zu machen, will ich trotz meiner Abneigung, bei wissenschaftlichen Erklärungen Vergleiche zu bringen, darauf hinweisen, wie ein Hammer wohl von jedermann als ein Werkzeug angesehen werden kann, ausgestattet mit der ererbten und geförderten Weisheit der Menschengeschichte, geschaffen zum Zwecke, einen Nagel einzuschlagen. Unter Umständen aber kann man ihn als Wurfgeschoß, als Briefbeschwerer, als Mordinstrument benützen. Er ist Umgebung, Erfahrungs- und Erlebnistatsache, ganz wie die Wertigkeit des Körpers und die hereditären Möglichkeiten des Menschen" (Psych. III, 88).

Auch die Erinnerungen und Phantasien, wie letztlich jeder Gedanke, jedes Gefühl, jedes aktuelle Erlebnis stehen unter dem Banne einer Bedeutung. Das Ich versteht und entwirft jede Bedeutung nach seinem eigenen verborgenen Plan.

In diesem Punkt liegt nun die besondere Schwierigkeit, Adler zu verstehen. Wiederholt wurde darauf hingewiesen, daß der Identitätsbegriff in der Regel eine "psychosoziale" (Erikson) Dimension hat. Meine Identität wäre danach, als wen, was und wie ich mich sehe und gesehen werde, mein Persönlichkeitsideal wäre dann, wenn es mit meiner "Identität" korrespondiert, "konkret" zu sehen in einer Berufsrolle, in einer Wesenseigenschaft, in meinen Gefühlen, Überzeugungen, Gewohnheiten usw. Denn: "Das Gefühl der Ich-Identität [das am Ende der Jugendzeit aufgebaut wird, KHW] ist also das angesammelte Vertrauen darauf, daß der Einheitlichkeit und Kontinuität, die man in den Augen anderer hat, eine Fähigkeit entspricht, eine innere Einheitlichkeit und Kontinuität (also das Ich im Sinne der Psychologie) aufrechtzuerhalten" (Erikson 1977, 107). Schärfer kann man den Punkt der Verrücktheit gar nicht präzisieren, wird doch hier die individuelle Einheitlichkeit von der Kontinuität der Zuschreibungen "anderer" abhängig gemacht. An diesem Punkt ist angesiedelt, was Erikson die "Identitätsdiffusion" nennt. Wenn die Identität unabdingbar meine ist, muß es verrückt machen, sich mit den Augen der anderen definieren zu wollen oder zu sollen. Viele Jugendliche und Verrückte können gerade darauf nicht vertrauen, daß sie ihre innere Einheit bewahren können, wenn sie den anderen glauben. Sie dürfen aber auch nicht auf sich selbst vertrauen. Wenn sie nicht überhaupt verzweifeln, dann zweifeln sie, ob es für sie einen passenden Beruf gibt oder - schlimmer ! - ob sie in einen Beruf passen (Erikson 1977, 110). Darum rebellieren sie gegen die Konventionen und Ideale, ergehen sich "in wütender oder prahlerischer Widersetzlichkeit" (ebd. 163) oder "wählen eher eine negative Identität" (Trunkenbold, Prostituierte, Rauchgiftsüchtige, Dorf-Homosexueller; ebd. 165-167). Kernberg (1981, 238f.) verschärft die Pathologie der Identitätsdiffusion (in Abgrenzung von der Identitätskrise) und führt in konservativer Konsequenz die Episoden der Identitätsdiffusion bei Jugendlichen darauf zurück, daß sie seit der Kindheit an Borderline-Pathologie litten. Hier wird die Differenz von normaler und pathologischer Identitätverwirrung bei den Jugendlichen ungefähr nach demselben Muster definiert, nach dem die zivilisierten Erstweltler das psychische und materielle Elend der Drittweltler perhorreszieren und nicht über die eigene Mitverursachung erschrecken.

Ulrike und Gerd Lehmkuhl problematisieren die Brauchbarkeit des Lebensstilkonzepts der Individualpsychologie für das Verstehen jugendlicher Borderline-Patienten. Mit Recht weisen sie darauf hin, daß diese Patienten nach Identifizierungen "hungern" und sie gleichzeitig fürchten, "weil sich für sie mit der Identifizierung die Gefahr des völligen Identitätsverlustes verbindet" (1990, 11). Ich würde aber nicht folgern, "daß sie nicht über einen einheitlichen fixen Punkt außerhalb ihrer selbst verfügen." "Von einem bereits bestehenden festgefügten Lebensstil bei Borderline-Störungen auszugehen, bedeutet, bei ihnen eine Zielgerichtetheit und Einheitlichkeit anzunehmen, die sie schmerzlich missen". Dem stimme ich ganz zu; aber wiederum folgere ich nicht, daß der Therapeut dadurch in die Lage gebracht werden muß, "in der therapeutischen Beziehung nicht auf ihre Bedürfnisse und Notwendigkeiten eingehen zu können" (ebd.). Gerade wenn ich bemerke, daß die Patienten die "Zielgerichtetheit und Einheitlichkeit schmerzlich missen", bin ich ihrem Streben sehr nahe, kann die Not des Scheiterns ermessen und Anwalt der not-wendigen Bedürfnisse sein.

Unbewußte Identität

Es hängt hier alles daran, wie wir es verstehen, daß der "fixe Punkt" oder "einheitliche Lebensplan" unbewußt ist. "Das Unbewußte, das ist der Lebensstil" (Adler Psych. II, 51). Diesen Satz kann man auch umkehren: Der Lebensstil, das ist das Unbewußte. Die Crux ist, daß das unbewußte dem bewußten Ziel entgegenarbeitet, und dadurch kommen das Gefühl der Zerrissenheit und die Diagnose der Identitätsdiffusion zustande. Die psychosoziale Identität ist in der Tat fragmentarisch; aber ohne eine lange, tiefgreifende Analyse der unbewußten Psychodynamik läßt sich über die unbewußte Identität, in Adlers Sinn über den verborgenen Lebensstil, nur etwas ahnen.

Es ist eine Täuschung, zu meinen, die Individualpsychologie vernachlässige die Arbeit am Unbewußten. Adler hat sich einschränkend gegen das Mißverständnis des Unbewußten als eigener psychischer Entität gewandt. Aber damit ist doch nicht im geringsten die Wirkkraft des Unbewußten eingeschränkt. Entscheidend und brisant ist der Grundsatz Adlers, ob ein psychisches Phänomen bewußt sei oder unbewußt, hänge immer davon ab, ob es so oder so im Dienste des unbewußten Persönlichkeitsideals besser eingesetzt werden könne (Prax. 235ff.). Darin liegt nicht nur, wie es Freud ([1915-17] 1969, 284) sah, die Kränkung, daß das Ich "nicht einmal Herr ist im eigenen Hause, sondern auf kärgliche Nachrichten angewiesen bleibt von dem, was unbewußt in seinem Seelenleben vorgeht". Aus Adlers Sicht könnte man sagen: Hier wird ja der Herrschaftsbereich des Ichs "nur" durch ichfremde Mächte eingeschränkt. Adler setzt bekanntlich die Individualisierung des Bewegungsgesetzes sehr früh an, "oft schon im zweiten Lebensjahr, sicher im fünften" (SdL 24), also in einer Zeit, in der das Kind "weder eine zureichende Sprache noch zureichende Begriffe hat. Wächst es in seinem Sinne weiter, dann wächst es in einer Bewegung, die niemals in Worte gefaßt wurde, daher unangreifbar für Kritik, auch der Kritik der Erfahrung entzogen ist" (SdL 25). In dieser radikalen Fassung des Ichbegriffs sehe ich den Grund für den Widerstand gegen seine Rezeption. Denn die Kränkung, die von  diesem Ich-Konzept ausgeht, ist viel größer als Freuds Kränkung des Ichs durch das Es. Adlers Konzept läuft darauf hinaus, daß das gesunde oder normale Ich sich aus sich selbst nie und nimmer reflektieren, kontrollieren, wertschätzen oder verbessern kann. Das Ich, das Adler untersucht, ist immer nur gemeinschaftsbezogener Akt, kein ontisches (unechtes oder wahres oder verschüttetes) Selbst, welches es natürlich gleichwohl "gibt" und womit sich andere ausführlich befassen.

Erikson (1977, 147)) fragt: "Ist das Identitätsgefühl bewußt?" und antwortet: "Zeitweise ist es das natürlich nur allzu sehr." Er meint hier jene "zeitweilig extreme Identitäts-Bewußtheit", die viele Jugendliche auszeichnet, wenn sie sich "zwischen den Zangen vitaler innerer Bedürfnisse und unerbittlicher äußerer Forderungen" intensiv mit ihrem "Selbst-Bildnis" beschäftigen. "Man ist sich seiner Identität am bewußtesten, wenn man sie eben erst zu gewinnen im Begriff steht und gewissermaßen überrascht seine eigene Bekanntschaft macht; das gleiche Gefühl entsteht, wenn man gerade auf eine Krise zusteuert und das peinliche Erlebnis der Identitätsdiffusion hat."

Deutlich ist hier, daß Erikson die Persona meint, mit der sich der Jugendliche zu identifizieren sucht, wobei er Schwierigkeiten hat, die divergenten "Anteile" zu integrieren. Die soziale Komponente wird noch schärfer, wenn die frohgemute regressive Anpassung ans Kollektiv als Identitätsgefühl ausgegeben wird: "Das sich bildende Identitätsgefühl dagegen wird vorbewußt als psychosoziales Wohlbefinden erlebt. Die erkennbarsten Begleitumstände sind das Gefühl, Herr seines Körpers zu sein, zu wissen, daß man 'auf dem rechten Weg ist', und eine innere Gewißheit, der Anerkennung derer, auf die es ankommt, sicher sein zu dürfen" (ebd.). Des "vor-bewußten Anteil[s]" des Identitätsgefühls könne man "sich selber bewußt werden". Seine äußeren Begleiterscheinungen könne man auch "mit bloßen Augen am Verhalten anderer ablesen". "Andererseits besitzt es unbewußte Anteile, die nur durch psychologische Tests oder in der Psychoanalyse erfaßbar sind. Ich bedauere, daß ich an dieser Stelle nur eine sehr allgemeine Hypothese aufstellen kann, die noch der näheren Beweisführung durch Kasuistik bedarf" (148).

Das ist ehrlich und präzise die Situation, mindestens für den Individualpsychologen, und ich glaube nicht, daß die Psychoanalyse in diesem speziellen Feld der Identitätsanalyse weiter ist.

Das "Persönlichkeitsideal", in welchem das Ich sich laut Adler festhält, ist kein Bewußtseinsinhalt. Das "Ich" neigt dazu, alle Identifikationen, Eigenschaften und Zuschreibungen zu hinterfragen. "Und wenn man mich wegen meines Urteils oder meines Gedächtnisses schätzt, liebt man mich, mich? Nein, diese Fähigkeit kann ich verlieren, ohne mein Ich zu verlieren. Wo ist dieses Ich, wenn es weder im Körper noch in der Seele liegt?" (Blaise Pascal 'Pensées' Nr. 232, zit. nach Riedel 1989, 67).

"Eine offene Andeutung dieses überlebensgroßen Zieles findet sich wohl bei allen Menschen. Manchmal sticht es aus der Haltung hervor, zuweilen verrät es sich nur in den Forderungen und Erwartungen. Zuweilen findet man seine Spur in dunklen Erinnerungen, Phantasien oder Träumen. Sucht man es ernstlich, so darf man kaum je danach fragen (Hervorhebung von mir, KHW). Aber eine körperliche oder geistige Attitüde spricht deutlich ihre Abstammung vom Streben nach Macht aus und trägt das Ideal irgendeiner Art von Vollkommenheit und Fehlerlosigkeit in sich" (Prax. 26).

Das "Persönlichkeitsideal" Adlers ist also nicht zu verwechseln mit dem Vorbild oder Ideal, nach dem einer strebt, das in einer Rolle, einer Person, einem Bild  konkretisiert wird, mit dem man sich identifizieren kann. Das Persönlichkeitsideal ist abstrakt, es ist nur der Richtpunkt, nicht die vorgestellte Konkretisierung. Die Anlehnung an Kant schimmert bei diesen Ausführungen (auch in den späteren Interpretationen im Blick auf das Gemeinschaftsgefühl) durch (N.C. 36. 68; Psych. II, 238; III, 26) Darum darf man sagen, das Persönlichkeitsideal wirke wie ein regulatives, nicht konstitutives Prinzip. Das heißt (in Abwandlung einer Kantschen Formulierung [1975, KrV. B 538]): Das Persönlichkeitsideal bildet eine Regel, die nicht sagen kann, welches das anzustrebende Zielobjekt sei, sondern wie "der empirische Regressus anzustellen sei", um zu einer möglichst vollständigen Angleichung an das Ziel zu kommen. So muß das abstrakte Persönlichkeitsideal sich konkretisieren und sucht Personen, Berufsrollen, Wesenseigenschaften, Ideale, in denen es sich wiederfinden kann. Es errichtet ein Selbstkonzept oder eine psychosoziale Identität im Sinne Eriksons. Diese ist aber (als Vorstellungsinhalt) verschieden vom spontanen vorstellenden Ich. Das wiederum ist nur faßbar in seinem Lebensstil oder Bewegungsgesetz. "Was häufig als das 'Ich' (Ego) bezeichnet wird, ist weiter nichts als der Stil des Individuums" (Adler Psych. III, 72) Das Ich, welches die Selbstkonzepte und Beziehungen stilisiert, ist nicht das angestrebte Ideal noch der vorgestellte Akteur, mit dem ich mich zu identifizieren versuche, sondern es ist die (unbewußte, vorgängige) Stilisierung selbst, die auch noch mein konkretes Ziel, Ideal oder Selbstbild stilisiert, die aber auch jede konkrete, bewußte Zielsetzung zum Scheitern bringen und die Lebensgestalt fragmentieren und traumatisieren kann. Wenn das Ich sich denkt und fühlt, wenn es seine Eigenschaften, Ideale, Überzeugungen deklariert, entwirft das Persönlichkeitsideal eine Persona, eine Rolle, die denkt, fühlt, will usw. Diese Persona ist nicht das "Ich", sondern dessen "Konkretisierung". "Die Person trägt dann die durch ihr fiktives Ziel geforderten Charakterzüge, so wie die Charaktermaske - persona - des antiken Schauspielers zum Finale der Tragödie passen mußte" (N.C. 81). Die Erfahrung ist das Erfahren des Erfahrenden, sie hat weder Subjekt noch Objekt, ist aber doch je meine eigentümlich gestimmte und gerichtete Erfahrung.

Das Ziel des Persönlichkeitsideals ist nicht begrifflich zu fassen, es ist vielmehr, wie Adlers Hinweis auf die Körperhaltung nahelegt, vorsprachlich im "Bewegungsgesetz" des Individuums inkorporiert (siehe auch SdL 24f.). Es hat etwas von jener globalen Allgegenwart der "frühen Identifikationen", die Küchenhoff zur Charakterisierung des "frühen Traumas" schildert. Allerdings ist Adler radikaler; denn was hier von den sog. Frühgestörten gesagt wird, gilt nach ihm für jeden Menschen. Das könnte der Grund dafür sein, daß sich unsere Weiterbildungskandidaten reihum als Frühgestörte wiederzuerkennen glauben.

"Die traumatische Erfahrung wird [...] zum transzendentalen Bestandteil der Erfahrungskategorien, also zu einem subjektiven a priori jeder möglichen Erfahrung. [...] seine Assimilation ist so total, daß das Trauma Ich- und Weltbild wird, während das späte Trauma ein Fremdkörper für das Erleben bleibt, der freilich alle anderen Erlebnisweisen in Mitleidenschaft ziehen kann. Das frühe Trauma also wird für die Identitätsbildung verwandt; eigentlich müßte anstatt von 'frühem Trauma' von traumatischer Identität oder traumatischer Identitätsbildung gesprochen werden" (Küchenhoff 1990, 18).

Wieder einmal hat ein Psychoanalytiker Adlers Entdeckung vermutlich, ohne ihn zu kennen, besser erfaßt als manche gängige Adlerkritik in der deutschen Individualpsychologie, die sich immer noch von der Adler banalisierenden Teleoanalyse der frühen 70er Jahre und von den Ladenhütern der Psychoanalyse abgrenzen muß.

Die sehr früh gebildete [quasi-]transzendentale Apperzeption - es handelt sich, genau genommen, um eine mißbräuchliche Verwendung des Kantschen Begriffs - ist zwar kein Bewußtseinsinhalt, aber doch eine empirische Formierung des Bewußtseins. Auch wenn das Bewußtsein nur eine von vielen Weisen des "Zur-Welt-Seins" (Merleau-Ponty 1966) ist: in der analytischen Psychotherapie herrscht diese Weise des Weltbezugs vor. Wir machen etwas bewußt, wenn wir verstehen und/oder erleben. Wir versuchen, was sich uns zeigt, in Sprache zu fassen, in ein Bild, eine Bewegung, ein Symbol. Das abstrakte Persönlichkeitsideal sucht Symbole, in denen es sich gestaltet. Wenn wir den Lebensstil oder die unbewußte Identität eines Menschen, auch unsere eigene, zu erfassen meinen, dann finden wir Symbole, Schemata, in die wir die Bewegungslinie des Individuums eingepaßt sehen. Dieses Symbol oder die Szene (Lorenzer 1970) oder das Skript (Berne 1983) sind nicht "real" die Lebenslinie des Individuums, sondern sie sind nur die Matrix, das Muster, unter dem wir sie lesen und verstehen. Die klassische literarische Typologie hatte dafür die Begriffe Prototyp, den auch Adler benutzt, und figura, der sich wie Fiktion von fingere ableitet. In diesen Zusammenhängen liegt die Wahrheit des Satzes: Ich bin die Geschichte, die ich von mir erzähle (vgl. Lübbe 1979; Hillman 1986). Das nächste Symbol des Ichs, wie es Adler versteht, ist die Schöpfung. Schaffen, erschafffen, gestalten sind das Wirken der "schöpferische[n] Kraft, die identisch ist mit dem Ich" (Adler Psych. II, 238; vgl 242). Zu sagen, das Kind habe schöpferische Kraft, wäre in der Tat eine vermögenspsychologische Mißdeutung Adlers (vgl. Heisterkamp 1990, 164f., der gegen seine eigene Fehldeutung der schöpferischen Kraft als "Entität" den Begriff der Bewegung setzt und damit Adlers These unter eigener Flagge wieder zur Geltung bringt). Der Schaffensakt ist die Bewegung, die das Ich, als den Bewegungsstil, der es selbst ist, zur Anschauung bringt. Darum öffnen nur spontane Hervorbringungen die Zugangswege, sei es die verbale oder die nonverbale Sprache, die künstlerische Gestaltung, der Tanz oder der Traum, vor allem aber der freie Einfall im Hier und Jetzt in der spezifischen Regression der Analyse. Alle diese Produktionen sind es, welche das individuelle Bewegungsgesetz verkörpern.

Es wäre nun notwendig, die hier vorgelegte Interpretation des Adlerschen Ichkonzepts an den Phänomenen zu erweisen. Das muß auf eine folgende Veröffentlichung verschoben werden. Ich bringe für heute nur wenige Hinweise.

1. In diesem Konzept ist enthalten, daß das "Ich" des Patienten etwas anderes ist, als dieser bewußt meint und fühlt. Das bringt uns in den Verdacht der "Zwei-Realitäten-Perspektive" mit der Anmaßung, "daß die Realitätssicht des Analytikers der Wirklichkeit des früheren und gegenwärtigen Erlebens des Analysanden angemessener ist (objektiver) als die des letzteren" (Tenbrink 1990, 99f.). Ein Analytiker, der so etwas glaubt, muß schon einen gewaltigen Gottähnlichkeitskomplex haben. Wenn er den hat, ist das meistens der eigenen Kritik so verborgen, daß er es kaum merkt, nicht einmal wenn ein Empathiker ihn deswegen anonym anprangert. Den besten Dienst tue ich dem Gottähnlichkeitskomplex, wenn ich alle anderen davor warne.

2. Die unbewußte Identität ist meistens erst in einer langen, tiefgehenden Analyse dem Erleben zugänglich und dem Verstehen einsichtig. Der Analytiker kann (auch vor sich selbst nicht) keine sinnvollen Behauptungen über das Unbewußte aufstellen, bevor es sich gezeigt hat. Wenn dies aber geschieht, kann das zu einer Wende im Verstehen und Erleben auch des Therapeuten führen. Viele Therapien kommen nicht an diesen Punkt und können doch hilfreich und gelungen sein.

3. Das Studium des Borderline-Syndroms durch eine gründliche und behutsame Analyse, die natürlich nur im einfühlsamen Mitgehen mit den bewegenden Erfahrungen des Patienten gelingen kann, bringt uns in ein Forschungsfeld, auf dem sowohl das Erringen wie das Zerbrechen der Einheit der Persönlichkeit wie unter der Lupe zu beobachten ist. Wir können gar nicht umhin, die Grenzen des Psychologischen zu überschreiten, wenn wir den Grenzgängern folgen und sie nicht in Diagnoseschemata einsperren wollen. Unsere Analysen führen uns dann in Erfahrungsbereiche, in denen die existentielle Fragwürdigkeit der "Identität", und nicht die sozialpsychologische "Problemwolke" (s.o.) das Feld beherrschen:

a) Adlers Hinweis auf die Kunst wird dann fruchtbar. Denn das Identitätsproblem ragt seinem Wesen nach in die moderne Literatur und Kunst hinein (Henrich 1979, 184), die z. B. allein schon durch die Auflösung des auktorialen Erzählstandpunkts sowie der gegenständlichen Abbildung und durch die Destruktion der Zentalperspektive wesentliche und unhintergehbare Fragen an unser Ichkonzept und Menschenbild richten; Fragen, welche die moderne Individualpsychologie nur zu ihrem eigenen Schaden überhören kann.

b) Die Erforschung der Schizophrenie, speziell des schizophrenen Wahns, aber vielleicht auch der wahnähnlichen Erscheinungen in existentiellen Grenzerfahrungen (Ekstase, Mystik, Trance u. ä.) könnte uns die normale Festigkeit der Ichgrenzen fragwürdig machen (Benedetti 1989, 258f.) und Adlers These der Einheit stiftenden Fiktion in Erinnerung bringen. Benedetti (1983, 33), der immer behutsam die anthropologische Komponente der Erkrankungen, insbesondere der ubiquitären Identitätsstörung berücksichtigt, schreibt von den schizophrenen Patienten:

"Die Identität[.] wird nicht nur verändert, sondern auch durch phantastische Wahnkonstruktionen neu gestaltet. Der Kranke hat sich dann mit den Materialien der Psyche, die aus dem Identitätszerfall entstanden sind, eine Wahnidentität aufgebaut. Solche Wahnidentitäten sind zwar im Erleben des Kranken durch irgendwelche Verfolger wiederum bedroht, entwickeln sich aber gerade unter dieser Bedingung zu uneinnehmbaren 'Wahnburgen', wo es sich jahrelang, z. B. in Erwartung einer einmal kommenden kosmischen Erlösung, leben läßt. Gerade die Brüchigkeit der Identität in der akuten Psychose zementiert den zyklopischen Bau der Wahnidentität während der chronischen Krankheitsphase."

Beschreibt diese Passage nur die Wahnidentität der schizophrenen Kranken?

c) Der Hinweis eines besonders nachdenklichen Künstlers der Gegenwart, des Komponisten Wolfgang Rihm (1989, 61f.), soll an den Schluß meiner Überlegungen über die Einheit der Persönlichkeit und die Bedrohung durch "Selbstfragmentierung" eine Fermate setzen. Was er für seine Kunst sagt, könnte zur Besinnung über unsere "berufliche Identität" als Individualpsychologen oder Psychoanalytiker ein Anstoß sein:


"Für mich ist die Freiheit des Vorstellens und Vorgehens eng verbunden mit meiner Eigenart als Künstler, der sich stets aus der Kenntnis in die Unkenntnis vorzuarbeiten hat. Nicht das Nichtwissen steht für mich der Kunst entgegen, sondern das Wissen. Das aber muß ich wissen. [...]


Der Zusammenhang ist das wahre Bruchstück."

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Adler, A. [Psych. I]: Psychotherapie und Erziehung. Ausgewählte Aufsätze, Bd. I: 1919-1929, hrsg. v. Ansbacher, H. L. und Antoch, R. F., Frankfurt: Fischer TB Nr. 6746, 1982

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